Verein für interaktive Randgruppenarbeit und Suchtproblematik
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Die Publikation des "Berichtes der Expertenkommission zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes" (Feb.96),
die Darstellung von "Szenarien der Drogenpolitik" der Subkommission Drogenfragen (Juni 96),
sowie die Zwischenberichte der Projekte zur diversifizierten Opiatabgabe führten dazu, dass sich verschiedene
Parteien und Organisationen ernsthaft mit der Frage, wie die Gesetzgebung zu verbessern sei, auseinandersetzten.
Ausser einigen Rechtsaussen-Gruppierungen scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass die Repression
versagt oder zumindes nicht das gehalten, was sie versprochen hat. Die vorgeschlagenen Massnahmen sind jedoch
taktiererisch vorsichtig verfasst und beinhalten den Kompromiss schon in der Forderung.
Im Allgemeinen werden grundlegende Neuorientierungen abgelehnt; stattdessen wird eine sanfte Revision des
Betäubungsmittelgesetzes in Erwägung gezogen:
Konsumbestrafung: Nahezu sämtliche Jungparteien, sowie Parteien des linken Spektrums fordern den gänzlichen Verzicht auf
die 1975 eingeführte Konsumbestrafung. Die FDP möchte die Straffreiheit für den Konsum nur im privaten Bereich
gewähren. Die CVP will das Konsumverbot aufrechterhalten.
Substanzorientierte Drogenpolitik: In Sachen Cannabis-Freigabe verlaufen die Fronten ähnlich, wie bei der Frage
nach einer allgemeinen Konsum-Entkriminalisierung. Zumindest der Anbau zum Eigenkonsum soll toleriert werden, zu Abgabemodalitäten
gibt es kaum Vorschläge. Ziemlich konkrete Vorstellungen herrschen in Sachen Heroinabgabe, wo sich so etwas wie ein Konsens
für eine medizinalisierte Abgabe, die auf den derzeit laufenden Projekten aufbaut, abzeichnet. Einen interessanten Vorschlag hat
die Drogenkommission der Basler FDP auf den Tisch gelegt: Sie möchte einige Substanzen, vorab Ecstasy aus dem
Betäubungsmittelgesetz heraus nehmen und einem Heilmittelgesetz unterstellen (s.u.). Andere Kreise sähen lieber die Unterstellung
aller üblichen Drogen unter ein Genussmittelgesetz.
Die gesetzliche Einstufung von "Drogen" ist zur Zeit willkürlich, verwirrend und ohne Bezug zur pharmakologischen Potenz der Substanzen geregelt. Das Betäubungsmittelgesetz differenziert zwischen verschreibbaren Substanzen und solchen, die mit einem Totalverbot belegt sind. Die verbreitetsten Volksdrogen, Alkohol und Nikotin, werden ausserhalb des Betäubungsmittelgesetzes geregelt und schliesslich gibt es noch Designerdrogen (z.B. MDBD "Eden"), welche überhaupt nirgends geregelt sind.
Betäubungsmittelgesetz
Die Strafandrohungen des Betäubungsmittelgesetzes (Art.19) betreffen nur den unbefugten Umgang mit Betäubungsmitteln,
was von diejenigen, die möglichst nichts ändern wollen, so interpretiert wird, dass allfällige Liberalisierungen auch mit dem
bestehenden Gesetzestext möglich seien ("Befugnis erteilen"). Das trifft für Substanzen wie z.B. Morphium, Methadon, Kokain,
Barbiturate oder Amphetamine zu (diese Stoffe werden in der Praxis auch unter mehr oder weniger strengen Richtlinien abgegeben).
Einige Substanzen unterliegen jedoch gemäss Art. 8 einem Totalverbot und könnten nur zum Zweck der wissenschaftlichen
Forschung eine Ausnahmebewilligung erhalten. Es sind dies Rauchopium, Diacetylmorphin (Heroin) und seine Salze, Hanfkraut und
Haschisch, sowie Halluzinogene (insb. LSD 25).
Ohne Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wird also keine Liberalisierung möglich sein!
Heilmittelgesetz
Zur Zeit befindet sich eine neue Heilmittelgesetzgebung im Endspurt (sie soll im Jahr 2000 in Kraft treten).
Verschiedene Kreise liebäugeln nun damit, heute illegale Konsum-Drogen künftig mit dem Heilmittelgesetz zu reglementieren.
Das brächte nicht nur den Vorteil, dass eine flächendeckende Abgabe über Apotheken und (je nach Einstufung) Drogerien ohne grosse
Bürokratie ermöglicht würde, sondern auch Gewähr für hohe Stoffqualität
Je nachdem, wie die Substanzen innerhalb eines Heilmittelgesetzes eingestuft würden, könnten sich neue Probleme ergeben:
Durch Unterstellung unter die Rezeptpflicht träte eine Medizinalisierung ein; die Frage des
Drogenkonsums würde an die Ärzteschaft delegiert. Zudem würden die Substanzen unter die IKS-Bestimmungen für Medikamente
fallen, was ein langwieriges, aufwendiges und teures Registrierungsverfahren nach sich zöge (und wer sollte wohl
Interesse und Geld haben, langwierige klinische Studien zu finanzieren, speziell wenn es sich um Stoffe handelt, die im
Endeffekt gar nicht patentiert werden können). Bei Heroin (ehemals Bayer) oder auch Kokain (Merck) wäre die Registrierung
kein grosses Problem, aber wie sieht es z.B. mit Cannabis, Ecstasy oder diversen Naturdrogen aus?
Schliesslich stellt sich noch die Frage nach der Akzeptanz einer solchen Regelung bei der Klientel. Währenddem bei Opiaten
diesbezüglich kaum Widerstände auftreten dürften, sind doch Schwierigkeiten bei Drogen, deren Konsum eher spontan erfolgt,
zu erwarten. Bei Haschisch könnte es noch knapp funktionieren (da das "Kiffen" eine typische Gruppenaktivität ist,
wird sich immer jemand finden, der gerade "was" dabei hat). Problematischer dürfte es bei MDMA sein,- es kann kaum erwartet
werden, dass jeder Konsument seine Einzelportion Stunden vor dem Rave in der Apotheke abholt...
Genussmittelgesetz
Den Umgang mit Produkten, die als Genussdrogen verwendet werden (incl. Alkohol und Tabak), mittels eines
Genussmittelgesetzes zu regulieren, dürfte wohl die sinnvollste Vorgehensweise sein. Dadurch liessen sich mit vergleichsweise
geringem Verwaltungsaufwand Qualitätsstandards und Anwendungs- und Vertriebsrichtlinien für die einzelnen Substanzen festlegen.
Spezielle Aufbereitungen derselben Wirksubstanzen würden dennoch in einer Heilmittelgesetzgebung erfasst, dann nämlich,
wenn sie im medizinalen Bereich angewendet werden (z.B. THC in der Krebs- oder Augenmedizin, Opiate in der Schmerzmedizin usw.).
Im Folgenden einige Visionen, wie sich in Zukunft mit heute illegalen Substanzen umgehen liesse. Prinzipiell folgen alle demselben Muster, das auch die DroLeg anstrebt: keine Kriminalisierung (Vorbeugung gegen soziale Abstiege), flächendeckende Versorgung (Vorbeugung gegen Szenenbildungen), staatliche Reglementierung (Preis- und Qualitätsgarantie), Niedrigschwelligkeit (breite Akzeptanz) und faire Preisgestaltung (Verhinderung von Schwarzhandel, Prostitution und Beschaffungskriminalität). Die nachfolgend skizzierten Bezugsreglementierungen sind wesentlich restriktiver, als es die Substanzen um die es geht, eigentlich bedingen würden. Dies hat zwei Gründe: erstens die politische Realisierbarkeit (Änderungen müssen rasch erfolgen, mit jedem verlorenen Tag fordert die Prohibition neue Opfer) und zweitens die Rücksichtnahme auf das internationale Umfeld, das drogenpolitisch deutlich hinter der Schweiz nachhinkt.
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Zur Abschreckug: das Gegenbeispiel (Jugend ohne Drogen), sowie der Gegenvorschlag des Ständerates, einige Bemerkungen zu den Kosten der sog. 4-Säulen-Drogenpolitik und eine statistische Betrachtung zur Verzeigungspraxis |