virus Home DroLeg-Index

Die Volksinitiative «für eine vernünftige Drogenpolitik» ist am 29. November 1998 auf eine Mauer der Ablehnung gestossen. NEIN Der Anteil der Zustimmung war mit 26.07% unerwartet gering. Die als "liberal" verkaufte Repressionspolitik des Bundes darf also weitergehen - mit allen Leerläufen und Kostenfolgen...
Schweizerkarte

Die traurigen   R e s u l t a t e   im Detail

rauf

Was lief schief?

Eines steht fest: fachliche Aspekte können nicht der Grund für das miserable Resultat sein. Im Gegenteil: Selbst innerhalb der "offiziellen" Gegnerschaft gab es - speziell bei Drogenfachleuten - nicht wenige, welche an der Stossrichtung Initiative nichts auszusetzen hatten (und im privaten Rahmen sogar betonten, selbst ein "Ja" in die Urne zu legen). Die Ablehnung durch "informierte Kreise" war nahezu ausschliesslich politisch bedingt,- man fürchtete sich vor Konfrontationen mit umliegenden Ländern (angesichts des grassierenden, fast schon hysterischen EU-Kompatibilitätswahns kein Wunder), wollte sich mit der UNO gut stellen (v.a. da die Wahl eines BAG-Chefbeamten in den UN-Exekutivrat ansteht), gab eigenen Ideen den Vorrang (verschiedene andere Vorstösse zur Liberalisierung lagern auf Amtstischen und in Schubladen) oder zitterte ganz einfach vor der eigenen Courage..
Die hohe Fachspezifität war insofern ein Problem, als dass es für nicht mit der Materie vertraute StimmbürgerInnen schwierig war, sich angesichts des zwangsweise sehr offen gehaltenen Initiativtextes mit den komplexen Folgen auseinanderzusetzen.
Erschwerend kam hinzu, dass Inhalte und Vorstellungen hinter dem Anliegen in der Öffentlichkeit seit Jahren beharrlich totgeschwiegen wurden. Nicht nur die Parlamente vermieden inhaltliche Diskussionen, dieselbe Tabuisierung war auch Abstimmungskampf-Taktik der Gegnerschaft. Argumentationslos wurde die Vorlage zum vornherein als "extrem", "unrealistisch" oder gar "naiv" abgestempelt, als eine Art lästige Altlast aus der "Jugend ohne Drogen"-Debatte dargestellt, ein Relikt aus einer Aera der "ideologisch gefärbten Drogendiskussionen", welches einer modernen, pragmatischen Drogenpolitik im Wege stehe... Selbst aus dem Lager der rechtsbürgerlichen RepressionsbefürworterInnen herrschte weitgehend Funkstille, die wenigen (gewohnt schwachsinnigen) "Argumente", mit welchen da und dort hausiert wurde, beinhalteten vor allem Schlagworte wie "Heroin am Kiosk", "Kriminalitätszunahme", "Unterstützung der Mafia", "Drogentourismus"", "Verherrlichung von Suchtmitteln" usw. Wer die Wahrheit derart verbiegt, hat sich entweder mit der Initiative nicht befasst oder spekuliert darauf, dass es die angesprochenen StimmbürgerInnen nicht tun; - offenbar erfolgreich.
Die Gegnerschaft konnte sich das Totschweigen auch leisten, dass dem Initiativkomittee nahezu keine Mittel für eine Kampagne zur Verfügung standen, war kein Geheimnis. Mit dem Werbe-Budget eines Tante-Emma-Ladens lässt sich in einem emotionell vorbelasteten und durch Desinformation geprägten Themengebiet (dessen Verständnis zudem hohe Anforderungen an die Fachkompetenz stellt) keine nationale Abstimmung gewinnen.
Die DroLeg wusste dies auch und konzentrierte die wenigen Mittel darauf, vor allem Jungw�hlerInnen und Repressions-Betroffene zum Gang an die Urne zu motivieren. Dies scheint nicht gelungen zu sein. Allein schon die Tatsache, dass die Gesamtzahl der Ja-Stimmen unter derjenigen der gesch�tzten KifferInnen-Population des Landes liegt, ist bedenkenswert. Die tiefe Stimmbeteiligung (37.6%) best�tigt, dass das Vorhaben, nebst dem "üblichen" Stimmenpotential zusätzliche UrnengängerInnen anzusprechen, offenbar erfolglos war.

Die Folgen?

Im Vorfeld der Abstimmung versicherten sogenannte Fachleute aus den Reihen der Gegnerschaft mit kreideweicher Stimme wiederholt, dass die Liberalisierung der Drogenpolitik selbstverständlich mit aller Kraft vorangetrieben werde - DroLeg hin oder her. Insbesondere die Strafbefreiung des Konsums (und der vorbereitenden Handlungen), sowie eine Cannabis-Freigabe wurden immer wieder angek�ndigt. Die Realität sieht jedoch anders aus:
  • Hinsichtlich der in den letzten Jahren explosionsartigen Zunahme der Konsumverzeigungen ist keine Kursänderung erkennbar - im Gegenteil. Der Bundesrat hat angekündigt, im Falle einer Ablehnung der DroLeg-Initiative die 1988er UN-Konvention zu ratifizieren. Diese beinhaltet unter anderem die Forderung nach Bestrafung des Drogenkonsums.
  • An der Cannabisfront ist absolut keine Entspannung in Sicht,- im Gegenteil. Beim Bund liegen bereits Pl�ne für die Einführung einer generellen Anbau-Bewilligungspflicht für Hanf vor (welche selbstverständlich nur für THC-arme Sorten erteilt wird). Auf HobbygärtnerInnen und SelbstversorgerInnen kommen harte Zeiten zu, da die Behörden in Zukunft nicht mehr durch die Pflicht des Nachweises "missbräuchlicher" Verwendung "behindert" werden.
  • Gestärkt durch das Abstimmungsergebnis werden die RepressionistInnen mit umso lauterer Stimme in Zukunft jegliche Liberalisierungstendenzen torpedieren. Der Ausbau der Repressionssäule wird unverändert und weitgehend unwidersprochen weitergehen, als "Zückerchen" werden den Fachkreisen vielleicht auch etwas mehr Mittel zur Behebung der Repressionsfolgen zugesprochen (sprich: Überlebenshilfe). Prävention, Forschung und Therapie werden weiterhin unter den allgemeinen Sparmassnahmen zu leiden haben.
  • An "der Front" erhielten die VertreterInnen der Repression ebenfalls Auftrieb. Die Jagd auf DrogenkonsumentInnen kann wieder ungenierter erfolgen (in Basel wurde beispielsweise einer durch Lärm, Verkehr und Messe-Dominanz gebeutelten Bevölkerung eine Verbesserung der Lebensqualität in Aussicht gestellt - das vorgestellte 16-Punkte-Programm geht jedoch kaum auf die wirklichen Probleme los, sondern wird v.a. auf dem Rücken der kaum relevanten Drogenszene ausgetragen. Das geht so weit, dass anfangs Dezember sogar Restriktionen beim Spritzenbezug eingeführt wurden). Die Rückkehr der drogenpolitischen Eiszeit ist vorprogrammiert.
  • Die Repressionskosten werden weiterhin ansteigen. Die ausgewiesenen 500 Mio Franken pro Jahr gehen auf das Jahr 1991 zurück und wurden im Vorfeld der DroLeg-Debatte nie dem aktuellen Stand angepasst (obwohl sich seit 1991 die Anzahl der BetmG-Verzeigungen mehr als verdoppelt hat und die grösseren Städte seit der Letten-"Aufl�sung" Jahr für Jahr dreistellige Millionenbetr�ge in die polizeiliche Verhinderung neuer "offener Szenen" investieren). Wenn die Milliardengrenze noch nicht überschritten ist, so dürfte dies demnächst der Fall sein, während die Aufwendungen für Präventionsbemühungen (ca. 35 Mio) kaum eine eine Wachstums-Chance haben werden. Mit der Ablehnung der DroLeg-Initiative wurde hier eine Weichenstellung in Richtung Vernunft nachhaltig verpasst.
  • Mangels eines verbindlichen Zeitrahmens lassen sich notwendige Reformen auf dem politischen Parkett nun wieder auf den Sankt Nimmerleinstag hinausschieben. Die nächste Eskalation wird nicht ausbleiben.
Die Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS), deren Mitglieder die Volksinitiative «für eine vernünftige Drogenpolitik» mehrheitlich ablehnten, bemüht sich zwar jetzt darum, im Vorfeld der Abstimmung gegebene Versprechungen einzulösen und hat eine Petition zur Entkriminalisierung des Drogenkonsums gestartet. Doch erstens ist eine Petition völlig unverbindlich und zweitens würde - selbst wenn das Anliegen in 10 oder 20 Jahren einmal in die Gesetzgebung einginge - erst ein Zustand geschaffen, welcher heute die europäische Normalität ist (die Schweiz steht mit der Konsumbestrafung international ziemlich einsam in der Landschaft). Die wahren Probleme der praktizierten Drogenpolitik werden weiterhin ausgeklammert;- solange unkontrolliert zusammengesetzte Stoffe zu willk�rlichen Preisen auf einem rund um die Uhr florierenden Schwarzmarkt beschafft werden m�ssen, werden Beschaffungskriminalit�t und mafiöse Handelsstrukturen nicht bekämpft, sondern gefördert. Es ist zu befürchten, dass die drogenpolitische Diskussion der nächsten Jahre durch die Selbstverständlichkeit der Straffreiheit des Konsums dominiert und blockiert wird ... ein paradiesischer Zustand für Bremsklötze.

AG BL BS GR LU TI VD ZH Städte Schweiz
Home Übersicht Abstimmungsresultate Index DroLeg-Seiten

Copyright © 1998 virus [ Letzte Aktualisierung 22.12.98 ]