DroLeg Übersicht Für eine vernünftige Drogenpolitik

Die Folgen der Drogenprohibition sind unmenschlich!
von Viktor Gorgé

Stellungnahme und Haltung des Verbandes der Eltern- und Angehörigenvereinigungen Drogenabhängiger VEV DAJ zur Volksinitiative «Für eine vernünftige Drogenpolitik - DroLeg»

Angehörige von Drogenabhängigen sind nicht nur mit dem Problem der Sucht sondern vor allem mit den unmenschlichen Auswirkungen des Drogenverbotes konfrontiert. Ein staatlich kontrollierter Zugang zu allen Drogen, so wie das die Initiative vorsieht, würde einen wesentlichen Teil des heutigen Drogenelends zum verschwinden bringen. Der Verband der Eltern- und Angehörigenvereinigungen Drogenabhängiger VEV DAJ unterstützt deshalb die Initiative «Für eine vernünftige Drogenpolitik».

Die Schäden der Prohibition

Aus der Sicht der Betroffenen ist es völlig unverständlich, dass weltweit nach wie vor am Prinzip des Drogenverbotes festgehalten wird. Nach unseren Erfahrungen überwiegen die durch die Prohibition verursachten gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden bei weitem jene, die durch den Konsum von Drogen an sich verursacht werden.
Als Eltern und Angehörige von Abhängigen illegaler Suchtmittel haben wir vor allem die Schattenseiten der Drogenprohibition erfahren.

Keine Durchsetzung des Drogenverbotes

Das Drogenverbot konnte bis heute nicht durchgesetzt werden und wir müssen mit der allgegenwärtigen Erhältlichkeit der Drogen leben. Trotz des Drogenverbotes existiert weltweit ein riesiger illegaler Drogenmarkt. Drogen wie Heroin und Kokain sind heute mehr denn je rund um die Uhr auf der Gasse erhältlich. Die heutige Jugend muss mit dieser Tatsache leben und der Versuchung widerstehen. Andererseits haben Verbote und Androhung von Strafen kaum eine abschreckende Wirkung; gerade im Drogenbereich ist die Illegalität eher ein Anreiz und eine Herausforderung den Versuch zu wagen.
Was wir als Drogenelend wahrnehmen, das sind die Bedingungen des illegalen Drogenmarktes. Der total deregulierte Drogenschwarzmarkt hat verheerende Folgen für die süchtigen KonsumentInnen. Die Geldbeschaffung für den teuren und schlechten Stoff wird zu einem Dauerjob, der die meisten früher oder später unweigerlich zu Prostitution, Diebstahl oder Raub führt. Da es auf diesem Markt keine Qualitätskontrolle gibt, geht jeder und jede Drogenkonsumentln grösste gesundheitliche Risiken ein. Der hohe Preis und die schlechte Qualität der Drogen fördern die risikoreichste Konsumform, das Fixen; unbeabsichtigte Überdosen, Infektionskrankheiten wie Hepatitis und Aids haben das Leben unzähliger junger Menschen zerstört. Ohne dieses Prohibitionsrisiko hätten sie eine Chance gehabt, von ihrer Sucht geheilt zu werden. Wir finden die staatliche Duldung dieser Zustände unmenschlich.

Die Prohibition grenzt aus

Das Drogenverbot und die Bestrafung des Drogenkonsums helfen dem Süchtigen nicht, sein Suchtproblem zu lösen, sondern grenzen ihn aus der Gesellschaft aus. Im Unterschied zum «legalen» Tabak- oder Alkoholsüchtigen versagt die Volksmeinung dem «illegalen» Drögeler jegliche Achtung. jugendliche Drogenabhängige beginnen ihr Leben oft mit Gefängniskarrieren, was weder ihre Sucht kuriert noch ihre Sozialisation fördert.
Solange das Drogenverbot besteht, solange es keinen legalen Zugang zu den Drogen gibt, wird sich an dieser Situation nichts ändern: Die Repression wird weiterhin Millionen verschlingen, ohne dass das Angebot von Drogen wesentlich eingeschränkt wird; das Drogenelend mit Beschaffungskriminalität und sozialer Desintegration wird weiterbestehen. Solange es illegale Drogen gibt, wird Abhängigkeit von diesen Drogen immer ein soziales Stigma sein, das die Abhängigen von legalen Suchtmitteln wie Alkohol und Tabak nicht kennen. Schuld an dieser Misere sind nicht die als illegal erklärten Drogen, sondern das unsinnige Drogenverbot. Gerade die in der Schweiz gestarteten Heroinverschreibungen zeigen, dass Abhängige, die ihr Heroin unter legalen, menschenwürdigen Bedingungen konsumieren, gleichzeitig eine anspruchsvolle berufliche Tätigkeit ausüben können. Warum nicht diese Erfahrung auf breiter Basis ausnützen?

Widersprüche auflösen

Die offizielle schweizerische Drogenpolitik, die weiterhin am Prinzip des Drogenverbotes festhält, ist weit entfernt davon diese Probleme zu beheben. Die Repression dominiert nach wie vor die Vier-Säulen-Drogenpolitik; den Therapien wird gegenwärtig eher das Geld abgestellt, als dass sie gefördert würden, und solange es legale und illegale Suchtmittel gibt, wird die Prävention Mühe haben, wirklich das Thema Sucht anzugehen und nicht das Thema Drogen.
Einzig die Überlebenshilfe kann unter den gegenwärtigen Bedingungen markante Erfolge vorweisen, denn sie versucht auf widersprüchliche Weise gerade jene Schäden zu mildern, die die Prohibition anrichtet. Auch die gegenwärtig in Diskussion stehenden Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes werden am Elend der Prohibition wenig ändern: Die vorgesehene «Legalisierung» der Heroinprogramme z.B. ist so restriktiv gefasst, dass nach wie vor der grösste Teil der Heroinabhängigen ausgeschlossen ist. Die Ausgeschlossenen müssen zuerst verelenden, finanziell und gesundheitlich ruiniert sein, bevor sie in den Genuss eines Heroinplatzes kommen. Auch die Straffreiheit des Drogenkonsumes, die gegenwärtig zur Diskussion steht, wird nichts daran ändern, dass sich DrogenkonsumentInnen ihren Stoff auf dem kriminellen Markt beschaffen müssen.
Die Initiative «Für eine vernünftige Drogenpolitik» würde die Widersprüche im Bereich der Überlebenshilfe lösen und Prävention und Therapie zu echten Säulen der Drogenpolitik machen.

Mögliche Konsequenzen der DroLeg

Natürlich haben einige Eltern auch Angst vor den Konsequenzen einer Legalisierung aller Drogen: Es könnte noch mehr Abhängige von harten Drogen geben und der fehlende repressive Druck könnte viele Süchtige von Therapie, Ausstieg und Abstinenz abhalten. Aber die Initiative will ja nicht die Freigabe der Drogen, sondern bloss einen legalen, staatlich kontrollierten Zugang zu Drogen. Im übrigen wäre der legalisierte Zustand auch dann besser und menschenwürdiger, wenn es mehr Drogenabhängige als heute gäbe.
Manche Eltern stossen sich daran, dass gemäss Initiative selbst die harten Drogen nicht zwingend der ärztlichen Kontrolle unterstellt werden. Aber würde ein Arzt nicht gegen seine Standesethik verstossen, wenn er ohne medizinischen Grund und ohne therapeutischen Zweck Drogen verschreiben müsste? Und selbst wenn die ärztliche Drogenverschreibung zugleich als Teil einer Suchtbehandlung angesehen wird, wäre eine Regelung, die keinen anderen Zugang zu diesen Drogen kennt als den medizinischen, eine Zwangsbehandlung und Bevormundung, die viele zu recht ablehnen. Die Drogenmafia hätte weiterhin eine Chance, ihr Geschäft zu machen.
Schliesslich sehen manche auch die Probleme, die sich die Schweiz im internationalen Umfeld einhandeln würde; sie fragen, ob sich die Schweiz einen solchen Schritt im Alleingang leisten kann. Aber warum sollte nicht gerade ein kleines Land wie die Schweiz, das weltweit beispielhaft für seine Drogenpolitik ist, auch hier beispielhaft ein weltweit einmaliges Experiment wagen? Wir Eltern zumindest wollen nicht warten, bis die USA oder die UNO eingesehen haben, dass die Drogenprohibition mehr Probleme schafft, als sie löst.

Schlussfolgerung

Der Verband der Eltern- und Angehörigenvereinigungen Drogenabhängiger VEV DAJ steht trotz solcher Bedenken voll hinter dieser Initiative. Wir hoffen, dass diese Alternative zur gegenwärtigen Drogenpolitik endlich einmal in der Öffentlichkeit diskutiert wird und dass dabei der Mythos «Droge» demontiert wird.


Viktor Gorgé, Elternvereinigung DAJ Bern, Vizepräsident des Verbandes der Eltern- und Angehörigenvereinigungen Drogenabhängiger VEV DAJ

Rauf

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Dieser Artikel erschien im «SuchtMagazin» 5/98, Ramsteinerstr. 20, 4052 Basel, 061 - 312 49 00
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[ Letzte Aktualisierung 26.10.98 / hf ]