DroLeg Übersicht Für eine vernünftige Drogenpolitik

JA zur «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik»
von David Winizki, 7.9.98

Es ist offensichtlich, dass der Drogenkrieg in den vergangenen Jahren nicht einmal ansatzweise erfolgreich war. Mit beispiellosem Einsatz haben die Drogenkrieger weltweit versucht, die Drogenproduktion zu sabotieren, den Drogenhandel zu unterbinden und den Drogenkonsum zu verhindern. Der Umsatz des illegalen Drogenhandels beläuft sich gemäss UNO-Zahlen auf jährlich 500 Milliarden Dollars und entspricht 8% des gesamten Welthandels. Die Riesengewinne werden, falls sie nicht für den Waffenhandel verwendet werden, in die legale Wirtschaft eingeschleust. Nicht nur in Drittweltländern wie Kolumbien gewinnen die illegalen Syndikate somit eine gefährliche Macht.

Die Schweiz hat - neben einer liberalen Praxis der Methadonsubstitution und neben den weltweit beachteten Heroinversuchen - eine äusserst aktive Repression. Als eines von wenigen Ländern ist bei uns auch der reine Konsum unter Strafe gestellt. 1997 erfolgten rund 72'000 Verzeigungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtmG), 90% allein gegen KonsumentInnen und süchtige Kleindealer. Ein Drittel des Polizei-, Justiz- und Gefängniswesens wird nur wegen Verstössen gegen das Drogenverbot in Trab gehalten. Eine Beschlagnahmung von 10 bis 15 % der gehandelten Drogen ist das magere Ergebnis.

Die Drogenprohibition macht aus billigen Drogen eine lukrative Handelsware, für die sich die Risiken des Schwarzmarktes lohnen. Der Detailhandelspreis von Heroin und Kokain unter legalen Bedingungen beträgt etwa 12 Franken pro Gramm, in der Drogenszene wird ein Gassengramm (= ca. 0,8 g) Heroin für rund 80, Kokain für rund 120 Franken gehandelt. Bei einem Reinheitsgrad von etwa 25% kostet somit ein Gramm 400 resp. 600 Franken. Der völlig unkontrollierbare Schwarzmarkt bietet rund um die Uhr allen ohne Altersbegrenzung und Produkteinformation "verschmutzten" Stoff an.

Die «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» verlangt mittels einer Ergänzung der Bundesverfassung einerseits die Entkriminalisierung des Umgangs mit Drogen für den Eigenbedarf. Für den gewerbsmässigen Umgang mit Drogen andererseits hat der Bund das Monopol und erteilt Privaten Konzessionen. Ausdrücklich erwähnte Konzessionsbedingungen sind der Jugendschutz, die Produkteinformation und das Werbeverbot. Es wird ein nicht-rezeptflichtiger Zugang zu Drogen gefordert. Zugunsten der Suchterforschung, Prävention und Therapie soll eine Konsumsteuer erhoben werden.

Wenn die «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» angenommen wird, gibt es für die Drogenmafia in der Schweiz kein Geld mehr zu verdienen. Mit reinen Drogen, die ohne Beschaffungsstress, zum Beispiel in Apotheken, erworben werden können, nehmen Drogenelend und Folgekriminalität sprunghaft ab. Neben den Ausgaben von über 500 Millionen Franken für die Repression können der Staat, die Wirtschaft und Private mit der Legalisierung Milliarden an externen Kosten sparen. Neben über 100 Millionen Franken Einnahmen aus Konsumsteuern hat die Legalisierung auch Tausende von neuen Arbeitsplätzen mit grossen Summen von Sozialbeiträgen und Steuern zur Folge.

Ohne den Beschaffungsstress des Schwarzmarktes steigen die Chancen der Drogenabhängigen, vom Stoff wegzukommen. Die Heroinversuche haben den wissenschaftlichen Bewels erbracht, dass viele Drogenabhängigen, die sauberen Stoff regelmässig und legal beziehen können, sich wieder in die Gesellschaft integrieren. Dies aber ist eine wichtige Voraussetzung dafür, von der Drogensucht wegzukommen. Mit der Annahme der «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» bleibt die soziale Integration der Drogensüchtigen - eine zentrale Bedingung für die Abstinenz - erhalten.

Erst mit der Legalisierung werden präventive Bemühungen zur Verhinderung einer Suchtentwicklung sinnvoller, wirksamer und glaubwürdiger. Informationen über vernünftige, risikoarme, rituelle Konsumformen können endlich vorurteilsfreier vermittelt werden. Damit kann auch dem heute dominierenden, unreflektierten, die Suchtentwicklung begünstigenden Konsumismus begegnet werden. Mit dem heute vorherrschenden Primat der - z.T. sogar erzwungenen - Abstinenz werden schlechte Resultate erzielt.

Die heute verbotenen Drogen haben, dies ist medizinisch praktisch unbestritten, deutlich weniger gesundheitliche Risiken als Tabak und Alkohol. Heroin und Methadon beispielsweise haben keine bleibenden Organschäden zur Folge, auch wenn sie lebenslänglich konsumiert werden. Mit derAnnahme der «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» verringert sich das Risiko für Drogenabhängige deutlich, an den gesundheitlichen Folgen des Beschaffungsstresses und der Verelendung zu erkranken oder gar zu sterben. Damit wird Betroffenen, Angehörigen und Freunden viel Leid erspart.

Kein Drogenelend...

Informationen über Stoffzusammensetzung, Drogenwirkung, Zusammenwirken verschiedener Drogen respektive Medikamente, risikoarmer Konsumform etc. sind heute praktisch unmöglich - im gehetzten Strassendeal kann nicht einmal die Stoffmenge kontrolliert werden. Dies verbessert sich mit Annahme der «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» ganz entscheidend: Geschultes Apothekerpersonal beantwortet Fragen ratsuchender KäuferInnen, den verkauften Drogen wird ein, auch Laien verständlicher, Beipackzettel beigelegt. Bei Bedarf steht es den Drogenabhängigen frei, ärztliche Betreuung aufzusuchen.

Die «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» unterscheidet einen medizinischen und nichtmedizinischen Umgang mit Drogen. Verschiedene heute verbotene Substanzen können eine therapeutische Bereicherung darstellen. Ist der therapeutische Nutzen dieser Substanzen erwiesen, sollen sie - von Kranken- und Unfallversicherungen bezahlt - ärztlich verschrieben werden können, Leute, die Drogen nur ihrer psychoaktiven Wirkung wegen konsumieren wollen, sollen diese auch ohne Rezept kaufen können. Die Rezeptpflicht kann weder die Entwicklung einer Sucht verhindern, noch die Anzahl Konsumierender vermindern. Es ist genauso unwürdig und unethisch, Menschen ohne Behandlungsbedarf zum Arztbesuch zu zwingen wie von Ärzten zu verlangen, gewerbepolizeiliche Funktionen auszuüben. Schliesslich ist die erzwungene Medizinalisierung auch unsinnig teuer.

Hanf stellt ein uraltes Kulturgut dar und gehörte somit eigentlich schon heute nicht ins Betäubungsmittelgesetz. Die Bedeutung dieser ökologisch wertvollen Pflanze reicht vom Konsum wegen der psychoaktiven Wirkung über die Produktion von Seilen, Textilien, Papier, Nahrungsmittel, Toilettenartikel bis zur medizinischen Verwendung. Der Bezug sollte über die heute schon etablierten Hanf- und Ökoläden unter Beachtung der Konzessionsbedingungen erfolgen. Für psychedelische Substanzen wie LSD, MDMA und psilocybinhaltige Pilze müsste für den Bezug eine analoge Lösung gesucht werden.

Eine Annahme der «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» würde selbstverständlich die ewiggestrigen Drogenkrieger aufscheuchen. Die Schweizer Regierung müsste, gestärkt durch den demokratischen Volksentscheid, beim INCB (International Narcotic Control Board) um die Lieferung von genug Heroin und Kokain nachsuchen. International käme durch die Schweizer Drogenlegalisierung ein Stein ins Rollen, welcher den mörderischen Drogenkrieg sowohl in Konsumländern, wie auch in den produzierenden Drittweltländern beenden könnte. Der Schweiz käme dabei eine historische Pionierrolle zu.

Die bundesrätliche Drogenpolitik verspricht bestenfalls unverbindlich die Konsum-Entkriminalisierung - nicht einmal die Cannabislegalisierung ist opportun. Der Schwarzmarkt bleibt mangels Legalisierung bestehen, die Abhängigen verelenden weiterhin. Dafür sollen Ueberlebenshilfe und Therapie ausgebaut werden, beispielsweise Heroinversuche für 50 Franken pro TeilnehmerIn und Tag. Was soll dieser sinnlose, inkohärente Leerlauf, bei dem mit der Ueberlebenshilfe repariert wird, was die Repression an Schaden anrichtet? Die «Initiative für eine vernünftige Drogenpolitik» verspricht nicht die "Lösung aller Drogenprobleme". Eine bessere Alternative zu den heutigen Misständen ist aber aus ökonomischen, medizinischen, präventiven, ethischen, friedenspolitischen Gründen heute nicht denkbar.

Rauf

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[ Letzte Aktualisierung 27.09.98 / hf ]